Unterzeichnung der Hachenburger Erklärung

14.01.2024 | Ein volles Haus, gute Stimmung und ein gemeinschaftliches Einstehen für Offenheit, Vielfalt und ein friedliches Zusammenleben – Hachenburger Bürgerinnen und Bürger setzen ein deutliches Zeichen für Demokratie, Menschlichkeit und Toleranz.

Im Rahmen der Veranstaltung zur Verabschiedung der Hachenburger Erklärung freuten sich die Stadt Hachenburg sowie die Verbandsgemeinde am letzten Sonntag rund 200 interessierte Gäste in den Sitzungssälen des Verwaltungsgebäudes begrüßen zu dürfen. Sie alle einte der Wunsch, sich mit ihrer Unterzeichnung gegen rechtsextremes Gedankengut und dessen Verbreitung in der Region zu stellen. 

Nach einleitenden Worten von Bürgermeisterin Gabriele Greis und Stadtbürgermeister Stefan Leukel folgte ein beeindruckend emotionaler Impulsvortrag der Westerwälder Schriftstellerin, Annegret Held, mit dem eindringlichen Appell, Deutschland nicht wieder zum meistgehassten Land der Welt werden zu lassen. In diesem Sinne schloss sich auch Landtagspräsident Hendrik Hering an, welcher in seiner Ansprache mit dem Zitat „Wer in der Demokratie schläft, wacht in der Diktatur auf“ zur Wachsamkeit gegenüber demokratie- und menschenfeindlichen Bestrebungen mahnte. 

Ein ansprechendes Rahmenprogramm boten außerdem die Darstellerinnen und Darsteller des Provinztheater e.V. mit ihrer bewegenden Aufführung des Theaterstückes „Biedermann und die Brandstifter“, das seit der Uraufführung 1958 nichts an seiner Aktualität verloren hat. 

 

Bilder der Veranstaltung !

© Fotostudio Röder-Moldenhauer

  • Hachenburger-Erklaerung-001.jpg
  • Hachenburger-Erklaerung-002.jpg
  • Hachenburger-Erklaerung-003.jpg
  • Hachenburger-Erklaerung-004.jpg
  • Hachenburger-Erklaerung-005.jpg
  • Hachenburger-Erklaerung-006.jpg
  • Hachenburger-Erklaerung-007.jpg
  • Hachenburger-Erklaerung-008.jpg
  • Hachenburger-Erklaerung-009.jpg
  • Hachenburger-Erklaerung-010.jpg
  • Hachenburger-Erklaerung-011.jpg
  • Hachenburger-Erklaerung-012.jpg
  • Hachenburger-Erklaerung-013.jpg
  • Hachenburger-Erklaerung-014.jpg
  • Hachenburger-Erklaerung-015.jpg
  • Hachenburger-Erklaerung-016.jpg
  • Hachenburger-Erklaerung-017.jpg
  • Hachenburger-Erklaerung-018.jpg
  • Hachenburger-Erklaerung-019.jpg
  • Hachenburger-Erklaerung-unterzeichnung-001.jpg
  • Hachenburger-Erklaerung-unterzeichnung-002.jpg
  • Hachenburger-Erklaerung-unterzeichnung-003.jpg
  • Hachenburger-Erklaerung-unterzeichnung-004.jpg
  • Hachenburger-Erklaerung-unterzeichnung-005.jpg
  • Hachenburger-Erklaerung-unterzeichnung-006.jpg
  • Hachenburger-Erklaerung-unterzeichnung-007.jpg
  • Hachenburger-Erklaerung-unterzeichnung-008.jpg
  • Hachenburger-Erklaerung-unterzeichnung-009.jpg
  • Hachenburger-Erklaerung-unterzeichnung-010.jpg
  • Hachenburger-Erklaerung-unterzeichnung-011.jpg
  • Hachenburger-Erklaerung-unterzeichnung-012.jpg
  • Hachenburger-Erklaerung-unterzeichnung-013.jpg
  • Hachenburger-Erklaerung-unterzeichnung-014.jpg

Impulsvortrag !

Mein Name ist Annegret Held, ich bin eine stolze Westerwälderin …ich komme aus dem kleinen Dorf Pottum und „schwätze aach Platt“….Wenn man aber vom Dorf kommt, will man in die große weite Welt und für mich als Kind, war Hachenburg schon die ganz große Welt. In Hachenburg gab es ein Schloß! In Hachenburg fuhr man zum Pickel und zum Gross! Ich habe hier meine erste Pizza gegessen! Und mein Tanzschulabschlusskleid gekauft! Hachenburg – emmer schie…. Jahrhunderte alt, was können die Pflastersteine erzählen, - es herrscht hier immer ein guter, inspirierender Geist. 
Doch irgendwann begriff man, es gab jenseits von Hachenburg eine NOCH größere Welt! Und so zog es mich Ende der Siebziger noch weiter! Mit dem Rucksack ging es nach Schottland, England, Irland, Griechenland, Spanien und die Türkei, immer mit dem Interrail-Ticket durch Europa …. Und da begriff ich schockartig – und mit großem Schmerz, wie wenig man sich im Ausland über meinen Besuch freute. Wie man auf fremden Campingplätzen über die die Deutschen dachte, und….man machte mir eindringlich klar: Deutschland war das meistgehasste Land auf der Welt. Mit der weltweit präzisesten, bestorganisiertesten und effektivsten Massenmordmaschinerie der Vergangenheit, hatten wir den Ruf des absolut Bösen, des Perversen, des Gottlosen, des Unmenschlichen.

Ich war zwölf Jahre alt, als ich in einem Buch der Schülerbücherei Westerburg ein Buch über Auschwitz fand. Vorher hatte uns niemand, wirklich niemand von den Gräueltaten des Krieges berichtet. Natürlich: Onkel Ewald hatte ein abgeschossenes Bein, Onkel Willi nur noch einen Arm, Onkel Anton erzählte von der russischen Gefangenschaft, Nato-Soldaten kurvten mit Panzer-Manövern durch unsere Wälder und schenkten uns Schokolade. Aber niemand, niemand hatte uns von Auschwitz erzählt, von Dachau, von Hadamar, nichts, kein Wort, keiner brachte es uns Kindern gegenüber über die Lippen.

Der Schock saß tief, ich fragte meine Eltern, die Großeltern, die Leute im Dorf: „Seid Ihr auch dabei gewesen? Was habt Ihr gemacht?“ Denn so schlau war ich ja schon, zu wissen, dass man für die Tötung von 6 Millionen Menschen ein wenig Personal braucht. Mein Vertrauen in die vorherige Generation schwand von einem auf den anderen Augenblick. All die gutmütigen Väter, Onkel und Tanten, hatten sie in Wahrheit düstere Geheimnisse?

Ich wusste nichts von Massenpsychologie, von der Psyche autoritär erzogener Generationen, von Programmierungen und Propaganda und…..welche Erklärungen man auch immer fand für diese historische Katastrophe …..ich wusste nur: „Du sollst nicht töten“. 

In fernen Jugendherbergen in Dublin und in Edinburgh und überall habe ich mich verrenkt und verdreht, wollte lustig sein, betrank mich über alle Maßen, führte irre Tänze auf um den Leuten zu signalisieren: ich bin ein Mensch, mit tut es entsetzlich leid, was geschehen ist, es ist furchtbar, ich leide, ich breche zusammen unter dieser geerbten Schuld! Ich gelobte, ich beschwörte, ich machte überanstrengte Witze, ich hoffte, mit Leidenschaft, irgendwann, irgendwann würde sich ein dünner Schleider legen…über die Erinnerung an diese Hölle, man könnte sie irgendwann…ein wenig …mit Abstand betrachten, man könnte uns irgendwann etwas weniger hassen, darüber hinwegkommen, es verarbeiten. ….

Die Wahrheit ist:  Ich selbst kam niemals darüber hinweg, niemals. Über das was in Deutschland geschehen ist.

Was haben wir alles gemacht. Wieviele von uns sind nach Israel gegangen um im Kibbuz zu arbeiten, wieviele Entwicklungshelfer nach Afrika, Lateinamerika, wieviele Turnvereine organisierten Austauschprogramme?  Wie sehr bemühte man sich um das Ausland, welch ein Spießrutenlaufen, welche Anbiederung, welches Ringen um überhaupt wieder in Kontakt zu kommen?  Wieviele Samstagabendshows hat Kulenkampff veranstaltet, in die widerwillige Holländer und Engländer und Franzosen hineinkomplimentiert wurden um mit uns zu spielen? Wie hat man sich bemüht, die israelische Sängerin Daliah Lavi in die Hitparade zu kriegen, in der sie mit Bauchweh schließlich sang?

Es hat den Besuch von Kennedy in Berlin bedurft, des Kniefalls von Willi Brandt in Warschau, der Rede von Weizäcker zum 40-jährigen Kriegsende, den Fussballsommer in 2008, - aber vielleicht war es letztlich das Jahr 2015 gewesen, in der mit Angela Merkel eine Million Flüchtlinge bei uns aufgenommen wurden – um das Bild Deutschlands in der Weltöffentlichkeit allmählich zu ändern.

Die heutige Generation wird respektiert, als gleichwertiger Partner anerkannt – und wenn auch nicht mit überschäumender Liebe überschüttet – so doch als wertvolles konstruktives Mitglied der Staatengemeinschaft geschätzt. Es hat gedauert Jahrzehnt um Jahrzehnt um Jahrzehnt….. wir haben unsere Würde wiedererlangt. Wir gehören wieder dazu.

Und jetzt….wo wir endlich wieder da sind, endlich durchatmen können, dieses Plateau erreicht haben….. das Ansehen in der Welt wiederhergestellt…….Da kommen diese A……. und spucken wieder dieselben Töne!
Da ist man fassungslos! Welchen Knall habt Ihr nicht gehört?? Welches geistige Verbindungsstück in eurem Hirn fehlt Euch? Welche Pillen nehmt Ihr und wo genau verläuft der Sprung, den Ihr in der Schüssel habt?

Es ist mir vollkommen klar, dass einem einiges nicht gefällt in dieser Gesellschaft. Ja ich verstehe, wenn Onkel Egon es mal allen zeigen will und sagt: ich gehe jetzt zur AFD! Ich verstehe, dass man nicht andauernd mit anderen Kulturen beschäftigt sein will und auch mal seinen Stallgeruch bewahren. Es ist dieses Gefühl, wie wenn die Mutter sagt: du musst jetzt mal mit dem Adalbert spielen, der ist doch so nett und der Sohn vom Apotheker….und man WILL jetzt einfach nicht mit Adalbert spielen. Ich verstehe das Gefühl.  Ich finde es auch bedenklich, wenn der Sozialstaat ausgereizt wird und unter den Belastungen zu zerbrechen droht. Es ist nicht gut, wenn Lehrerinnen beschimpft werden und das Niveau von Schulklassen absackt und unsere Kinder weniger lernen. 
Am Schlimmsten ist es, wenn ein syrischer Flüchtling eine deutsche Frau vergewaltigt.  Das ist Horror! Unerträglich! Das MUSS man adressieren, da müssen wir zusammenarbeiten, mit Sozialwissenschaftlern, mit kompetenten Leuten, der Rechtsstaat muss eingreifen mit allen Mitteln! Ich verstehe ALLES, das Unbehagen, den Unmut, die Sorge, die Qual, die Empörung! 
Aber kein solcher Horror, kein Unglück, kein Verbrechen wäre für uns eine solche Katastrophe – wie die Rückkehr der Nazis nach Deutschland.

Sie würden, machen wir uns nichts vor – unser Land wieder in die unterste Hölle führen! Sie würden Deutschland wieder zum meistgehassten Ort der Welt machen! Diese Leute – die wenige Meter von hier ein Fass aufgemacht haben – haben kein Problem damit sich in die geistige Frequenz derer zu stellen, die gemordet und geschlachtet haben und die Perversion und Sadismus über die Welt gebracht haben in ihrem Größenwahn, in ihrer Grausamkeit – in ihrer Verblendung!
Hat man nicht gerade erst das Pamphlet entdeckt – die „Remigrationspläne“ in Potsdam ….und steht da nicht zum Beispiel drin, Ihr wollt es ausländischen Geschäftsinhabern „ungemütlich“ machen? Wollt Ihr wieder Juden die Scheiben einschlagen? Und wollt Ihr wieder Menschen aus ihren Häusern prügeln und sie millionenfach vertreiben? Wollt Ihr alles wieder anfangen von vorne? 

Mein Name ist Annegret Held, ich bin Botschafterin des Westerwaldes und ich habe eine Botschaft an den sogenannten „Dritten Irr-Weg“ und seine AFD-Kumpane: 
Ihr werdet das NIE WIEDER tun! Ihr werdet NIE WIEDER Deutschland in die unterste Hölle führen!

Ihr GLAUBT, Ihr verkörpert den Stolz der Nation! Aber die Nation ist nicht stolz auf Euch! Ihr GLAUBT Ihr verkörpert die IDENTITÄT Deutschlands! Ich habe einen Vorschlag! Macht einen DNA-TEST und Ihr werdet sehen in Euch fliesst jüdisches Blut und Blut aus Nigeria und aus dem Iran und aus Russland und Guatemala und aus Korea! Es gibt keinen einzigen reinen deutschen Menschen, Ihr Intelligenzbolzen! Hat Gott gesagt: ich schaffe aus einem Stück Lehm einen Deutschen – und alles andere stammt von restlichen Klumpen? 
Es gibt nur vor Gott nur DEN MENSCHEN und (was sagt Goethe? )
EDEL SEI DER MENSCH, HILFREICH UND GUT!
Und wenn Ihr das nicht wollt – dann habt Ihr hier nichts verloren! Habt Ihr gehört??  Ihr könnt nach Hause gehen! Geht fort von hier! Findet Jesus! Tut Buße und pilgert von mir aus nach Trier zum Heiligen Rock! 
Auf jeden Fall: sperrt Eure Ohren auf um die Wahrheit zu hören, Ihr habt doch sooviele Hörgeräte! Geht wohin ihr wollt -  das ist UNSER LAND! Was immer Ihr tut, wohin ihr auch geht, was immer Ihr vorhabt in Deutschland – soviel Unheil wie Euresgleichen uns beschert haben : Ihr werdet das NIE WIEDER TUN!

Und das ist meine Botschaft – für heute.